„Ein Bürojob bei UBS und gleichzeitig Spitzensportler – sag mal, wie bringst du diese krassen Gegensätze unter einen Hut?“ Dies ist eine Frage, die mir häufig gestellt wird. Meine Antwort darauf? Nichts einfacher als das, denn mein 50 Prozent Pensum bei der Schweizer Grossbank UBS hat mehr mit meinem Marathon-Training zu tun, als man vermuten könnte.

Ausdauer

Es gibt Manager, die ihre Aufgaben in den Unternehmen mit einem Marathon-Lauf vergleichen. Sie heben damit ihre Ausdauer, Disziplin und ihren Leistungswillen hervor. Ein Beispiel dafür liefert auch Axel Weber,  Verwaltungsratspräsident von UBS, der übrigens eine hervorragende Marathon-Bestzeit von knapp über 4 Stunden aufweist:
«Ich neige nicht zu Emotionen, sondern arbeite definierte Programme diszipliniert ab. Ich bin Marathonläufer, kein Sprinter. Mir war von Anfang an klar, dass der Umbau der UBS ein Marathon wird. Da muss man sich die Kraft einteilen und nach vorn schauen, sonst stolpert man über die eigenen Füsse oder es geht einem die Puste aus. Was man da braucht, ist nicht Emotionalität, sondern einen klaren Verstand.» Axel Weber, Sonntagszeitung vom 11. Mai 2014

Der Marathon-Lauf ist aber nicht nur Sinnbild für Wirtschaftskapitäne und ihre Herkulesaufgaben, sondern für das Leben generell:
«Laufen ist die beste Metapher fürs Leben. Du bekommst das heraus, was du reingesteckt hast.» Oprah Winfrey

UBS Chair am Lunch & Learn Event

UBS Chair am Lunch & Learn Event

Ausdauertraining als Langzeit-Projekt

Das Ausdauertraining weisst viele Parallelen zur Projektarbeit in Unternehmen auf. Beispielsweise „kosten“ Projekte nicht einfach nur personellen Aufwand, sondern beanspruchen auch eine bestimmte Dauer.

Zwar kann ein Projekt mit mehr Mitarbeitern etwas schneller vorangetrieben werden, doch ab einem gewissen Punkt  lässt sich selbst mit zusätzlich involvierten Leuten eine Projektdauer nicht mehr verkürzen. Ähnlich ist es beim Lauftraining: Selbst wenn ein Lauf- und Sport-Neuling Tag und Nacht trainieren würde, ist es unmöglich innerhalb eines Monats die nötige Form zu erreichen, um einen Marathon in drei Stunden zu finishen.

Ausdauertraining als Geduldsprobe

Es braucht Monate (oder Jahre), bis der Körper sich an die Belastungen anpasst. Man erhält kein Sofort-Feedback: In Unternehmen oder beim Trainieren dreht man manchmal kontinuierlich an einer Schraube, ohne unmittelbare Effekte zu erzielen. Diese werden erst mit einiger Verzögerung sichtbar. Zu erkennen, welche Anpassungen welche Auswirkungen bewirkt haben, ist eine der grössten Herausforderungen.

Organisation als Organismus

In diesem Sinne lässt sich ein Unternehmen mit einem Organismus vergleichen. (Gareth Morgan tut dies im Buch „Images of Organisation„.) Es ist nicht nur so, dass Veränderungen sowohl im Unternehmen als auch in einem Organismus Beharrlichkeit brauchen, vielmehr ist es für das Überleben zwingend, sich mit der Umgebung zu beschäftigen und sich ihr „laufend“ anzupassen. Wie in einem Organismus gibt es auch im Unternehmen verschiedene voneinander abhängige Systeme. Es gibt zum Beispiel ein Hirn, ausführende Hände, tragende Beine und ein Bauchgefühl.

Fragile Systeme

Wie ein Körper kann auch eine Firma an Überbelastung leiden. Fehlt die Geduld und wird beim „schlank Trimmen“ zu viel zu schnell erwartet, kann sich dies auf eine Organisation sehr negativ auswirken: gestresste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Qualitätseinbussen, Überforderung, sind mögliche Konsequenzen. Genau gleich ergeht es dem Körper: Zu schnelle Veränderungen führen fast immer zu Verletzungen.

UBS Lunch & Learn: Exklusiver Blick hinter die Kulissen der Leichtathletik-EM 2014

UBS Lunch & Learn: Exklusiver Blick hinter die Kulissen der Leichtathletik-EM 2014

Sportler als Unternehmen

Der Vergleich lässt sich auch umgekehrt ziehen. Ab und an müssen Sportlerinnen und Sportler ihre Person als Unternehmen sehen, welches seine Ressourcen nachhaltig verwaltet, perfektes Time-Management pflegt, kosten-effizient arbeitet, aktives Stakeholder-Management betreibt, einen tollen Marketing-Mix anbietet, mittelfristige Ziele steckt, sowie einer langfristigen Vision folgt.

Teamwork

Unternehmer sowie Sportler dürfen sich kein „Gärtchen-Denken“ leisten. Beide sind abhängig von ihren „Stakeholdern“. Ein Spitzensportler kann nur mit einem medizinischen Team, sozialen Kontakten, Sparing-Partnern und belebender Konkurrenz erfolgreich sein. Vor allem in einer Trainingsgruppe kann man sich gegenseitig fordern und fördern, von den jeweiligen Stärken und Schwächen der anderen lernen. Es ist selbstverständlich, dass man für die Performance der Gruppe auch einmal einen Kompromiss eingeht. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Im positive Sinne heisst das aber auch: Geteilte Freude ist doppelte Freude!

Emotionen

Das allerwichtigste sind die Emotionen. Nur wen seine tägliche Beschäftigung nicht kalt lässt, kann diese längerfristig motiviert ausüben. Dazu gehören neben Freude, Genuss, Bestätigung und Erfolge genauso Nervosität, Frust, Niederlagen und Enttäuschung. Die positiven Emotionen kommen im folgenden Video hervorragend zur Geltung. Der Clip wurde im Rahmen eines UBS-internen „Lunch & Learn“ Events gedreht, bei welchem Johan Jervøe (Group Chief Marketing Officer UBS), Patrick Magyar (CEO der Leichtathletik-EM 2014) und meine Wenigkeit den UBS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Blick hinter die Kulissen der Leichtathletik-EM in Zürich (12. – 17. August 2014) gewährt haben. Schaut es Euch am besten gleich selber an: http://youtu.be/-uHXoaYIuKA

In diesem Sinne vereint UBS sowohl die Eigenschaften von Gebreselassie als auch von Bolt: Ein disziplinierter Marathon-Läufer, der dank guter Athletik mit ein paar leidenschaftlichen Zwischen-Sprints in der Spitzengruppe mitmischt.