Der Rütner Marathonläufer Christian Kreienbühl holt in St. Moritz den letzten Schliff im Hinblick auf die Weltmeisterschaften in Moskau von Mitte August.

Es ist nicht neu und dennoch anders. Den vierten Sommer verbringt Christian Kreienbühl während Wochen im Engadin. Höhentraining ist angesagt. Ein gewohnter Reiz für den Marathon-Spezialisten? «Schon», sagt er und verweist auf zwei weitere Höhentrainingsblöcke in Südafrika und Teneriffa, die ebenfalls zu Erfahrungen in diesem Bereich geführt haben.
Kreienbühl weiss, dass sein Körper anspricht auf die dünne Luft und somit leistungsfähiger wird nach gut einer Woche wieder im Flachland. Doch identisch mit früheren solchen Höhenblöcken ist der aktuelle wiederum auch nicht gewesen: «Wir versuchten zu perfektionieren, nahmen Anpassungen vor», sagt Kreienbühl.
Anfang Juli ist der 32-Jährige zusammen mit seinem langjährigen Trainingskollegen Michael Ott (Kilchberg) und erstmals mit Adrian Lehmann (Langenthal/22) nach St. Moritz gezogen. Alle drei versprechen sich durch das gemeinsame intensive Laufen im Hochtal einen entsprechenden Formanstieg im _Hinblick auf den _kommenden Zielwettkampf: den Marathon an den Leichtathletik-Weltmeisterschaften vom 17. August in Moskau bei _Kreienbühl und Ott, den Berlin Marathon Ende September bei Lehmann.

Keine «trügerische Euphorie»
Intensiv ist diese vierte und letzte Trainingswoche. 225 Wochenkilometer stehen an bis Samstag, verteilt auf zwei Einheiten pro Tag und gegliedert in verschiedene Intensitätsstufen wie auch von unterschiedlicher Dauer. «Es läuft toll», sagt Kreienbühl. Das heisst: Nicht nur das Gefühl stimmt. Ebenso ist «alles nach Plan verlaufen». Dem Trainingsplan konnte Folge geleistet werden. Keine Verletzungen und keine Krankheiten.
Als «sehr ähnlich» stuft Kreienbühl die Vorbereitung ein wie jene des letzten Jahres. Damals ging die Rechnung auf. Kreienbühl steigerte sich in Berlin auf 2:15:35 Stunden über die 42,195 Kilometer und erfüllte damit die Limite für das nun folgende WM-Debüt.
Über exakte Parameter zum Vergleich verfügt der IT-Projekt_leiter bei einer Grossbank zwar nicht. Aber diejenigen, die er hat, stimmen ihn zuversichtlich: «Noch bin ich nicht ganz dort, wo ich letztes Jahr unmittelbar vor Berlin war, aber es verbleiben mir ja auch noch einige Tage.» Grundsätzlich zieht er sein aktuelles Befinden mit einem Hauch Zurückhaltung einer «trügerischen Euphorie» vor.
Und nicht unwichtig: «Das Gefühl ist besser, als es im Frühling gewesen ist.» Damals, bei der Vorbereitung auf den Zürich Marathon (2:17:46), glückte die Vorbereitung nicht optimal. Von «einigen Holperern» spricht Kreienbühl und verweist auf die Schmerzen im Knie im Januar wie auch auf «zu intensives Training, das sich als kontraproduktiv herausstellte».
Jetzt hat er wieder zurückgefunden zu einer ihm angepassten Balance. Dabei half neben dem In-sich-_Hineinhören der Austausch mit seinen Trainingspartnern ebenso wie mit seinem persönlichen Trainer Rubén Oliver (Wochen 1 und 2) sowie mit Otts Trainer Matthias Kuster (Wochen 3 und 4).

Unter Gleichgesinnten
In vollen Zügen nutzen konnten die Marathon-Spezialisten das Umfeld, die einladende Landschaft sowie eine passende Infrastruktur. Und sie kamen zu Anschauungsunterricht. «Unglaublich, wer und wie viele ambitionierte Läufer sich hier tummeln», sagt Kreienbühl. Er denkt dabei etwa an Mo Farah, den britischen Doppel-Olympiasieger über 5000 und 10’000 Meter. «Am selben Ort laufen wie solche Cracks – und das im Wissen, dass sie sich auf denselben Anlass wie du vorbereiten -, fühlt sich speziell an», erklärt Kreienbühl.
Doch aller Herrlichkeit zum Trotz: Ab und an verliessen die Schweizer Marathon-Spezialisten das Engadin _bewusst und fuhren nach Tirano und Chiavenna. Dort, im Flachland, nutzten sie die Möglichkeit, sich an die Hitze zu gewöhnen, denn: «Heiss wird es auch in Moskau sein.»

(Text: Zürcher Oberländer, Jörg Greb)

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