„Musst Du speziell auf Deine Ernährung achten?“ „Kannst Du normal essen?“ Diese Fragen höre ich als Halbprofi-Sportler oft. Hier meine Antworten.
Wie viel essen?
Viele Nicht-Sportler glauben, dass ich mich ausschliesslich von Weltraum-Spezialnahrung in homöopathischen Dosen ernähre. Wahrscheinlich weil sie meinen, ich hätte den BMI eines Windhundes (dem ist nicht so…). Wenn sie dann sehen, welche Unmengen an „normalem“ Essen ich vertilge, kommen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dabei ist es wie beim Auto: Je weiter man fährt, desto mehr Benzin muss man tanken.
Ebenfalls ein Klassiker: „Wow, Du kannst so viel essen, wie Du willst und nimmst doch nicht zu!“ Ja, das stimmt zwar (fast) – und das geniesse ich auch in vollen Zügen – hat aber seinen Preis, denn die zugeführte Energie muss ja auch wieder verbrannt werden.
Ernährungsplan? Nein danke!
Generell esse ich ganz „normal“ und worauf ich Lust habe, wobei mein „normal“ wohl relativ ausgewogen ist. Gesünder wäre vielleicht ab und zu eine Frucht mehr; vielleicht etwas weniger Fleisch und sicherlich weniger Schokolade. So genau weiss ich das aber nicht, denn ich habe mich nicht eingehend damit auseinandergesetzt. Möglicherweise liegt hier noch Potenzial zur Leistungssteigerung brach? Ein paar Sekunden schneller auf der Marathonstrecke? Vielleicht! Aber ehrlich gesagt, habe ich keine Lust meine Essgewohnheiten einzuschränken. Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch nur ein gewisses Mass an Disziplin an den Tag legen kann. Trainingsplan, Wettkampfplanung, Kräftigungs-Circuit, Stretching-Programm, Trainingslagerübersicht, Projektpläne, Run Books, Checklisten – und jetzt auch noch Ernährungsplan? Nein danke! Meine Selbstdisziplin wird mit all den Plänen, den Morgentrainings in Dunkelheit bei Wind und Wetter, mit dem 50% Arbeitspensum, mit den täglichen Kräftigungs-/Therapie- und Stretching-Übungen, mit Aqua Running genügend beansprucht. Lieber das Essen als Erholung sehen und genussvoll zugreifen!
Ausnahmezustand Wettkampf
Ein Spezialfall ist die Woche unmittelbar vor dem Marathon. In dieser Zeit habe ich dann doch einen Ernährungsplan, dessen Ziel es ist, meine Energiereserven komplett zu füllen. Dies ist beim Lauf über 42.195 km äusserst wichtig. Um wieder das Beispiel des Autos zu bemühen: Wer startet schon einen Road-Trip durchs Death Valley mit einem zu kleinen Tank, der nur halbvoll ist?
Die Verpflegung während des Wettkampfes ist ebenfalls genau strukturiert und detailliert vorbereitet. Einen Einblick in diese Thematik gebe ich in einem Interview, das kurz vor der Marathon-WM in Moskau durchgeführt wurde.
Frohe Festtage!
Fondue Chinoise, Fondue Bourguignonne, Weihnachtsgans, Raclette, Käse-Fondue, (Glüh-)Wein, Champagner, Schokolade, Guetsli. Wenn man sich nicht in eine soziale Einsiedlerschaft stürzen will, kommt man nicht darum herum. Deswegen schlage ich vor: Lieber zwei Wochen lang genussvoll und ohne schlechtes Gewissen zulangen, dies als Erholungsmassnahme sehen, Motivation tanken und dafür im neuen Jahr konsequent und regelmässig trainieren – nicht nur in den ersten Januar-Wochen. Ein toller Vorsatz für 2014 würde ich meinen! Prost und guten Appetit!