Spitzensportler wie Jeannine Gmelin, Martin Fuchs und Christian Kreienbühl müssen nicht nur möglichst gute Resultate liefern, sondern zu ihren Leistungen auch Stellung beziehen. Ihre Ansichten zur Medienarbeit und zu Erfahrungen decken sich dabei in vielen Punkten.
Ob heftig atmend und verschwitzt kurz nach einem Wettkampf oder bei der Regeneration zu Hause und per Telefon – Spitzensportler können sich Medien nicht entziehen. Immer wieder müssen sie sich mit Fragen von Journalisten auseinandersetzen. Im Wissen darum, dass ihre Antworten nicht nur die eigene Aussenwirkung prägen, sondern in den digitalen Kanälen vielleicht auch negative Reaktionen hervorrufen.
Wie sich Sportler in den Medien geben, hat sich in den letzten Jahren verändert. Die überwiegende Mehrheit, die in stark beachteten Sportarten ihr Geld verdient, ist «medial abgeschliffen». Standardsätze herunter zu rattern gehört zum Repertoire. Ganz nach dem Motto: «Viel sprechen, nichts sagen. Und ja niemandem auf den Schlips treten».

Aus knackig wird handzahm

Die Entwicklung hat wohl kaum damit zu tun, dass Sportler heutzutage weniger in der Lage sind, Klartext zu reden, sondern ist der allgemeinen Professionalisierung der Kommunikation geschuldet. Vor allem Fussballprofis werden schon in jungen Jahren von Agenten vertreten, deren Unterstützung über die Vertragsverhandlungen ausgehen.

Journalisten, die ich kenne, vertraue ich.
Martin Fuchs

Reiter

So kann es denn auch sein, dass bei einem Telefongespräch eines Journalisten mit einem Challenge-League-Spieler auch der Kommunikationsmanager der Agentur mithört und sich danach die Zitate zum Gegenlesen schicken lässt. Knackige Aussagen überleben diese Zwischenstufe vor der Veröffentlichung selten. Doch nicht nur Agenten oder Medienberater nehmen Einfluss, um allfällige Negativschlagzeilen zu verhindern. Da Mannschaftssportler wie Fussballer oder Eishockeyprofis Angestellte eines Vereins sind, müssen sie auch die Richtlinien ihres Arbeitgebers befolgen.

Ansturm hält sich in Grenzen

Eine andere Ausgangslage haben Einzelsportler. Zumindest diejenigen, die keinen Berater an der Seite haben. Sie verhalten sich im Umgang mit Medienschaffenden so, wie sie es für richtig halten, und passen ihre Vorgehensweise bisweilen an. Der Bietenholzer Profi-Reiter Martin Fuchs etwa sagt: «Ich hatte nie eine Medienschulung, ausser mal einen kurzen Kurs in einem WK. Den Rest habe ich mir selber beigebracht.» Fuchs sieht das nicht als Problem an. Er gibt zu bedenken: «Es ist ja auch nicht so, dass ich permanent im Medienfokus stehe.»

Letzteres tut auch Marathonläufer Christian Kreienbühl nicht. Für den Rütner ist die Medienarbeit «eine kleine Geschichte». Und zwar eine, die der Langstreckenspezialist gern erledigt. «Zumindest, wenn der Fragesteller wirklich interessiert und mit Herzblut bei der Sache ist», sagt er lachend.

Während sich für ihn trotz EM-Medaille 2014 (mit dem Team) und der Olympiaselektion für Rio in Sachen Medienpräsenz nur wenig veränderte, generiert Profi-Ruderin Jeannine Gmelin etwas mehr Aufmerksamkeit, seit sie sich in der Weltspitze etabliert hat. Das Interesse hält sich aber noch immer in überschaubarem Rahmen, wie Gmelin findet, was auch damit zu tun hat, dass Rudern eine Randsportart ist. Der bisherige mediale Höhepunkt für die Ustermerin: eine Einladung in die «Sportlounge» von SRF. Das längere Interview hat sie in guter Erinnerung. Nicht nur wegen der überaus positiven Reaktionen, die sie darauf erhielt. Sie fühlte sich auch vor und während des Gesprächs wohl. «Ich bin erstaunt gewesen, wie cool und unkompliziert die Leute waren.»

Kontrolle als Selbstschutz

Überhaupt: Fuchs, Kreienbühl und Gmelin sagen alle, sie hätten bisher keine schlechte Erfahrungen mit Medien gemacht. Und das, ohne übertrieben vorsichtig zu sein. «Grundsätzlich lese ich meine Zitate gegen. Ausser bei Journalisten, die ich kenne. Denen vertraue ich», sagt Fuchs. Genau dieselbe Taktik wenden Kreienbühl und Gmelin an. Lässt sich das Trio Zitate vor der Publikation vorlegen, tut es dies aber sowieso nicht, um ihnen nachträglich sprachlichen Glanz zu verschaffen, sondern einzig darum, um korrekt wiedergegeben zu werden. «Es ist ein Selbstschutz», sagt etwa Gmelin, «schliesslich fällt es letztlich auf mich zurück.»

Letztlich wächst man in die Sache hinein.
Jeannine Gmelin

Ruderin

Ganz ohne Hintergrundwissen bewegen sich kaum noch Athleten auf der Medienbühne. Kreienbühl genoss seine erste Schulung im Vorfeld der EM 2014, Gmelin eine in der Spitzensport-RS. Kommt hinzu: Swiss Olympic bietet Medientrainings an, die die Athleten auf die Dimensionen der Olympische Spiele vorbereiten sollen. So beschäftigen sich Sportler beispielsweise damit, wie sie mit heiklen Fragen im Zusammenhang mit Doping oder der politischen Lage in Brasilien umgehen. Kreienbühl hat ein solches Training absolviert und sagt, er habe davon profitiert. Gmelin fand die Inputs in der RS ebenfalls hilfreich. Die Ustermerin sagt aber auch: «Letztlich wächst man in die Sache hinein.»

Gmelin tut sich nicht schwer damit, ihre Gedanken zu formulieren. Eine Strategie verfolgt sie in ihrer Medienarbeit zwar nicht, dafür ein Motto. «Authentisch sein», heisst es. Und zwar unabhängig davon, ob sie zu Hause auf dem Sofa sitzend am Telefon Auskunft gibt oder nach Atem ringend im Zielraum.

 

(Text: Zürcher Oberländer, Oliver Meile)

 

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