Der 37-jährige Marathonläufer Christian Kreienbühl aus Rüti hat weitreichende Pläne. Er blickt bei seinem Aufbau auf 2020 – dem Jahr der Olympischen Spiele in Tokio.

Text: züriost (Oliver Meile) | Download: pdf | Bild: Albis Reisen

Die 10-km-SM in Uster vom 23. März? Gestrichen. Ebenso der Halbmarathon in Berlin knapp zwei Wochen später. Wegen einer Erkältung, wie in Klammern jeweils vermerkt ist. Einen neuen Termin hat Christian Kreienbühl auf seiner Website bereits aufgeschaltet. Am 12. Mai läuft der Rütner einen Halbmarathon. Es ist nichts Aussergewöhnliches, wenn ein Leistungssportler wie Kreienbühl, der 2016 am Olympia-Marathon startete und drei EM-Teilnahmen am Stück aufweisen kann, Wettkämpfe absagen muss. Die Geschichte ist vielmehr, dass der 37-jährige Langstreckenspezialist überhaupt weiterhin Rennen einträgt. Das heisst ganz offensichtlich: Er ist noch immer da.

Ich habe das ganze Setup. Es wäre schade gewesen, das einfach so aufzugeben.

Christian Kreienbühl

Marathonläufer

Ich laufe noch immer extrem gerne.

Christian Kreienbühl

Marathonläufer

Selbstverständlich ist das nicht. Im Oktober wurde der Oberländer erstmals Vater. Er liess deshalb im Herbst seine sportliche Zukunft offen. Kreienbühl wollte erst herausfinden, ob sich unter den geänderten Umständen ein Wiedereinstieg überhaupt realisieren lässt. Schnell aber kristallisierte sich heraus: Seine internationale Karriere ist nicht 2018 mit dem EM-Marathon (27. Rang) in Berlin zu Ende gegangen. Die Strukturen des in einem 50-Prozent-Pensum angestellten Athleten sind «luxuriös», wie er sagt, das Zusammenspiel zwischen Leistungssport, Beruf und Familie passt. «Ich habe das ganze Setup. Es wäre schade gewesen, das einfach so aufzugeben», sagt das Mitglied des Schweizer Elite-Nationalkaders. Ein schlagendes Argument ist für ihn auch: «Ich laufe noch immer extrem gerne.»

Die «etwas blöde» Änderung

Nach einer Art sportlichem Vaterschaftsurlaub, bei dem er den Laufumfang ungefähr auf rund 50 km pro Woche drittelte, stieg Kreienbühl im Februar und mit dem Trainingslager in Fuerteventura wieder richtig ein. Wie in der Vergangenheit üblich, erstellte er einen Zweijahresplan. Der aktuelle läuft bis 2020, dem Jahr der Olympischen Spiele in Tokio. Falsche Hoffnungen auf eine Teilnahme macht sich der erfahrene Sportler keine. «Es wird sehr schwierig», sagt er zu seinen Chancen. Aus verschiedenen Gründen. Anstatt 155 Athleten (!), wie in Rio, werden in der japanischen Hauptstadt nur noch 80 Marathonläufer dabei sein.

Zudem setzt der internationale Leichtathletik-Weltverband IAAF erstmals bei einer Olympia-Qualifikation hauptsächlich auf die neu eingeführte Weltrangliste. Maximal drei Schweizer können in der länderbereinigten Liste unter den 80 Startern sein. Derzeit erfüllt einzig Tadesse Abraham vom LC Uster die Bedingungen. Kreienbühl ist bisher nicht einmal klassiert, da er im Selektionszeitraum noch keinen Marathon absolvierte.

Die Abkehr vom alten System mit den Limiten bringt eine gewisse Unsicherheit mit sich. Wussten die Marathonläufer bisher unmittelbar nach dem Zieldurchlauf zumindest, ob sie die nötige Zeit geschafft hatten, ist mit dem neuen Modell für Athleten wie Kreienbühl lange unklar, ob sie an Olympia dabei sind oder nicht. Am 29. Juni und damit erst anderthalb Monate vor dem Marathon in Tokio wird die Weltrangliste eingefroren. Als «etwas blöd» bezeichnet Kreienbühl die Unsicherheit, muss er sich in seiner Planung doch verschiedene Optionen offenhalten. Er sagt allerdings auch: «Letztlich ändert sich nichts daran, dass ich brutal schnell laufen muss.»

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Ersatzvariante EM

Würde Kreienbühl die Olympischen Spiele nur aus der Ferne verfolgen können, winkt immerhin nur zwei Wochen später der nächste reizvolle internationale Anlass – die Europameisterschaften in Paris. «Verpasse ich Olympia, ist die EM das Ziel», sagt er. Im Angebot da: ein Halbmarathon am 30. August. Es wäre ein weiterer Höhepunkt in Kreienbühls Karriere und wohl dank der Nähe zur Heimat ein Rennen vor zahlreichen Schweizer Zuschauern, wie er vermutet.

Derweil ist der Oberländer diese Saison an keinem internationalen Grossanlass dabei. An den European Games im Juni in Minsk (BEL) finden nur Stadiondisziplinen statt. Die Selektionsvorgabe für die WM in Katar Ende September erfüllte er nicht. Sie stand aber sowieso nicht in seiner Agenda.

An langfristigen, motivierenden Zielen mangelt es dem zweifachen EM-Medaillengewinner im Team dafür nicht. Vorerst gilt es aber, die krankheitsbedingten Rennausfälle wettzumachen. Den in Berlin verpassten Halbmarathon absolviert der Rütner nun Anfang Mai in Strassburg – allzu viele andere Optionen blieben ihm gar nicht. Im September steht dann ein Marathon auf dem Programm. Am liebsten würde Kreienbühl in Berlin laufen. Mit dem zu den World Marathon Majors zählenden Lauf verbinden ihn zahlreiche positive Erlebnisse. 2015 stellte er da beispielsweise seine noch immer geltende persönliche Bestzeit (2:13:57 Stunden) auf. Ein weiterer starker Auftritt in der deutschen Hauptstadt wäre für Kreienbühl in jedem Fall ein erster guter Schritt auf dem Weg Richtung 2020.

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