Der frühere Spitzenläufer Christian Kreienbühl hat mit einem Partner eine neue Plattform geschaffen, die ein Marktplatz für Läufe ist.

Text: züriost (Oliver Meile) | Download: pdf

Das texanische Austin in den Ferien bei einer Joggingrunde mit einem Ortskundigen entdecken?

Zwischen zwei Meetings mit ­einer Person, die sich in den South Ridges ausgekennt, ins Naturgebiet rennen, um den ­Panoramablick auf Singapur zu geniessen?

Oder als Ortsfremder spontan einen Lauf entlang der Limmat machen und dabei von der einheimischen Begleitung Infos über Zürich erhalten?

Der ehemalige Spitzenläufer Christian Kreienbühl und sein Geschäftspartner Markus Roth, der seit rund 30 Jahren in der Reisebranche tätig ist, machen dies möglich. Die Angebote lassen sich mit wenigen Klicks auf ihrem kürzlich lancierten Portal www.shareyourrun.com buchen.

Die Idee der komplett in Englisch gehaltenen und sehr übersichtlichen Plattform lässt sich aus dem Namen herauslesen: Teile deinen Lauf. Man wolle ein Marktplatz für Lauferlebnisse sein, sagt der Rütner Kreienbühl und spricht vom «Airbnb für Läufe».

Das Prinzip ist denn auch dasselbe: Jeder kann nicht nur Angebote buchen, sondern ebenfalls als Guide Läufe anbieten.

Damit unterscheidet sich die neue Plattform auch von Anbietern, die weltweit Stadterkundigungen im Laufschritt anbieten – quasi Sightrunning. 

Mal schauen, wie weit wir kommen.
Christian Kreienbühl

Marathonläufer

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Die Olympia-Route

Der letztes Jahr vom Spitzensport zurückgetretene Marathonspezialist ist überzeugt: Die Nachfrage für einen Marktplatz ist vorhanden. Einerseits habe sich jeder Laufbegeisterte beim Reisen wohl schon gewünscht, dass ihm Ortskundige die beste Joggingroute zeigten, sagt der ­zweifache Vater.

«Und jeder hat Superstrecken, die er gerne mit anderen absolvieren würde.»

Der zweifache EM-Teammedaillengewinner und Olympiastarter 2016 bietet seine Hausstrecke im Oberland unter dem Titel an: «Die Route, die mich an die Olympischen Spiele führte. In ­Ihrem Tempo.»

Deutlich über 30 Angebote in vier verschiedenen Ländern – der Hauptteil davon in der Schweiz – sind bereits im Angebot. Kurz nach dem Startschuss.

«Megacool» findet Kreienbühl das. Er geht davon aus, nun fortlaufend Anpassungen vorzunehmen, um das Portal zu optimieren. Und ist zugleich gespannt, wie es sich entwickelt. «Mal schauen, wie weit wir kommen.»

Dass der in einem 80-Prozent-Pensum als Product Owner arbeitende Kreienbühl und Markus Roth in der Szene verankert sind und wissen, wie Läuferinnen und Läufer «ticken», dürfte ein wichtiger Faktor sein, um erfolgreich zu sein.

Das Duo hat zudem Kreienbühls Bekanntheit als ehemaliger Topläufer bei der Plattformlancierung auf Social Media genutzt. Von einer Anschubhilfe spricht der dreifache EM-Teilnehmer, macht sich aber nichts vor. «Wenn die Idee schlecht ist, nützt diese auch nichts.»

Genau vom Gegenteil gehen Kreienbühl und Roth logischerweise aber aus.

Die Zweifel am Modell

Der Ursprung des Projekts geht auf den vergangenen Sommer zurück. Und eine Ideenskizze von Roth, von der Kreienbühl sagt: «Es war mir sofort klar, was er meinte, und es begann zu rotieren.»

Der Rütner machte sich ein Bild über Konkurrenten, traf Abklärungen, grübelte am Namen herum und erstellte einen Businessplan. Ab Dezember machte er sich an die technische Umsetzung, wobei er rund 80 Prozent der Arbeiten selber erledigte, den Rest übernahm eine Agentur.

Vor der eigentlichen Lancierung schrieb das Duo Laufbekanntschaften an, um das Projekt vorzustellen. Und versuchte, um nicht mit einem leeren Portal starten zu müssen, sie als Guides zu gewinnen.

Natürlich haben längst nicht alle Kontaktierten ­einen Lauf ausgeschrieben. Das Feedback aber war durchweg ­positiv, die Idee fand Gefallen. Kreienbühl hat Letzteres erwartet. Er ist sich aber bewusst, dass ausserhalb der Laufszene Zweifel am Geschäftsmodell vorhanden sind.

Der am häufigsten gehörte Kritikpunkt, verpackt jeweils in einer Frage: «Wieso soll ich fürs Joggen etwas bezahlen?»

Es gibt viele Leute, die wollen ohne grossen Aufwand etwas Cooles erleben.
Christian Kreienbühl

Marathonläufer

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Der Anfang ist gemacht

Kreienbühl sagt, man habe in diesem Punkt keine vertiefte Marktforschung betrieben. Es sei ihre Annahme, dass Läuferinnen und Läufer bereit seien, für die Dienstleistung zu zahlen.

Er argumentiert: «Es gibt viele Leute, die wollen ohne grossen Aufwand etwas Cooles machen.» Und es handelt sich bei den Angeboten nicht um Trainings. Die gemeinsamen Läufe sollen Erlebnisse sein – aus denen im besten Fall Lauffreundschaften entstehen können.

Die Preise setzen die Guides individuell fest, innerhalb des vorgegebenen Rahmens zwischen 10 und 500 Euro. Die Portalbetreiber erhalten 15 Prozent Kommission. Um ihre Fixkosten von einigen hundert Franken decken zu können, müssen zwischen 50 und 100 Läufe pro Monat vermittelt werden.

Ein Anfang zumindest ist gemacht, die erste Buchung abgerechnet. Kürzlich absolvierte Kreienbühl seine Hausstrecke mit jemandem, der den Lauf als Geschenk erhalten hatte. Der Rütner fand es «extrem cool».

Dem Begleiter gefiel es ebenfalls, wie man der Rückmeldung auf der Website entnehmen kann. Sie endet mit dem Satz: «Ich kann es nur ­weiterempfehlen!»

Kreienbühls spezielle Dernière