In wenigen Tagen beginnt endlich die Heim-EM in Zürich. Seit einigen Jahren bestimmen die Europameisterschaften im eigenen Land die Schweizer Leichtathletik. Zeit für einen kurzen Rückblick auf meinen Weg, der mich an diesen Grossanlass geführt hat.

Nachwuchsläufe

Zu rennen begann ich im Alter von 10 Jahren (1991). Ich lief damals den ersten „Wettkampf“ im Rahmen des SBG-Cup 3000 in Rüti (Vorgänger des heutigen UBS Kids Cup). Prompt landete ich auf dem dritten Podestplatz und erhielt von der damaligen Spitzenläuferin Cornelia Bürki die Bronze-Medaille umgehängt (siehe Bild oben). Es dauerte weitere zwei Jahre (1993), bis ich den ersten Lauf gewinnen konnte. Seither nahm ich regelmässig an Jugend- und Junioren-Läufen auf der Strasse und auf der Tartan-Bahn teil. Die grössten Erfolge waren ein 4. und ein 5. Rang bei den Nachwuchs-Schweizermeisterschaften. Rückblickend betrachtet eine beachtliche Leistung, denn im Verhältnis zu den anderen Jugendlichen war ich bestimmt kein Trainings-Weltmeister.

Laufpause

2001 – nach Abschluss der Rekrutenschule und mit Studienbeginn an der HSG – fand ich den Wiedereinstieg ins Lauftraining nicht mehr. Zu gross waren die Studiums-bedingten „Ablenkungen“ und zu klein die Motivation die Trägheit beim Neu-Anfang zu überwinden. Glücklicherweise hat mein Körper die gut 5 Jahre in St. Gallen trotz Phasen anhaltenden Schlafentzuges und kompletter Sport-Abstinenz ohne grössere gesundheitliche Schäden überstanden – glaube ich zumindest. Erst ein Austauschsemester in Helsinki im Herbst 2006 sollte mich unbewusst zurück auf den Weg an die Heim-EM bringen. Ohne bestimmten Grund kaufte ich mir eine komplette Lauf-Ausrüstung und machte mich auf den Weg durch die umliegenden Wälder – nicht getrieben von einem Trainingsplan oder von einem konkreten Ziel vor Augen, sondern einfach aus Lust an der Bewegung. Ein leichtes, schlechtes Gewissen meiner körperlichen Gesundheit  gegenüber spielte wohl ebenfalls eine Rolle. Ausserdem eignete sich das Joggen wunderbar, um die Stadt zu erkunden. Die schnellen, fast täglichen Fortschritte und die purzelnden Pfunde trugen dazu bei, dass ich trotz eisigen Temperaturen im Finnischen Winter wieder regelmässig die Laufschuhe schnürte.

2007: Mein erster Marathon, gelaufen in 2h 46. Ohne es zu wissen: schon damals auf der zukünftigen Strecke der EM in Zürich.

2007: Mein erster Marathon, gelaufen in 2h 46. Ohne es zu wissen: schon damals auf der zukünftigen Strecke der EM in Zürich.

Erster Marathon

Zurück in der Heimat liess ich mich wenig später zu einer Teilnahme beim Zürich Marathon 2007 überreden. Nach 6 Jahren Laufpause stand ich mit 6 Monaten Training und 550km in den Füssen am Start und lief in 2h 46min ins Ziel. (Heute laufe ich eine halbe Stunde schneller.) Noch nie zuvor und nie mehr danach hatte ich einen so ausgewachsenen Muskelkater in den Beinen! Wenig verwunderlich, denn heute brauche ich statt 6 Monaten nur noch 3 Wochen um 550km zu trainieren.

#SwissStarters

Vor dreieinhalb Jahren (2010) nahm mich der Verband in das extra für die EM geschaffene Fördergefäss „Swiss Starters 2014“ auf. Damals hatte ich eine Marathon-Bestzeit von 2h 26min. Ich hörte bei den Gesprächen mit dem National-Coach zum ersten Mal von der EM im eigenen Land. Zuvor hätte ich mir nie erträumt, jemals selber daran teilzunehmen.

Allerdings fehlten mir zu diesem Zeitpunkt noch gut 8 Minuten auf die EM-Limite von 2:18. Um dieses Ziel zu erreichen, entschloss ich mich vollständig auf das Laufen zu konzentrieren. Im November 2011 reduzierte ich konsequenterweise mein Arbeitspensum von 100% auf 70%; im Mai 2013 auf 50%.

Die Ausrichtung auf den Sport hat sich gelohnt. Nicht nur, weil ich den Marathon deutlich schneller laufe und somit tatsächlich für die Heim-EM selektioniert wurde, sondern auch, weil ich jeden Tag mehr Zeit für meine Leidenschaft – das Laufen – aufwenden darf.

Europameisterschaften im eigenen Land

Plötzlich geht alles sehr schnell. Die drei Jahre, während dessen ich fast täglich an die EM gedacht habe, sind im Fluge vergangen. Nun sind es tatsächlich nur noch wenige Tage, bis die Wettkämpfe endlich beginnen. Seit Monaten denken wir Sportler nur noch an diesen „Once-in-a-lifetime-Event“. Dank ausgiebiger Berichterstattungen in den Medien, dreht sich seit kurzem auch in der Öffentlichkeit vieles um diesen Grossevent. Medien, Vereinskollegen, Freunde und Bekannte, Coiffeur, Beck – alle sprechen mich auf den kommenden Einsatz an und wollen möglichst viele Details erfahren. Zuweilen ist dies auch etwas anstrengend – man darf das wirklich Wesentliche im Leben nicht aus den Augen verlieren – aber das ehrliche Interesse an unserem Sport und an uns Athleten ist eine schöne Entschädigung für den harten Trainingsalltag.

Es ist nicht nur für die Sportlerinnen und Sportler ein einmaliges Ereignis, Teil dieses für die Schweiz historischen Anlasses zu sein. Ebenso wird es für die Zuschauer, Volunteers, Medienschaffende und Sponsoren ein einmaliger Anlass werden. Ich wünsche mir, dass dies noch mehr Zuschauer rechtzeitig realisieren, so dass das Letzigrund-Stadion jeden Tag bis auf den letzten Platz ausverkauft sein wird. Auf diese Weise kann jede und jeder dazu beitragen, dass die Leichtathletik-EM 2014 für sich selbst und alle Involvierten zum unvergesslichen Erlebnis wird!

Ausblick

Wie geht es nach der EM weiter? Uns Schweizer Athleten wird mit diesem Mega-Event eine riesige, perfekt-organisierte Bühne geboten, auf der wir vor der Sport-Welt  Werbung für uns selbst aber auch für die Sportart Leichtathletik machen können. Dafür wird es aber unvergessliche Leistungen brauchen, die das Publikum begeistern. Wenn uns #SwissStarters dies gelingt, gewinnt die Sportart Leichtathletik wieder die Aufmerksamkeit, die sie verdient.