Interview (Swiss Athletics Web TV)
Beitrag Tagesschau Hauptausgabe (Schweizer Fernsehen)
Bericht Swiss Athletics
Resultat Datasport

Zwei freuten sich im Ziel des 10. Zürich Marathons besonders: Maja Neuenschwander und der Rütner Christian Kreienbühl. Sie hatten mehr geschafft, als nur den Schweizer-Meister-Titel geholt.

Schon etliche Meter vor der Ziellinie reckten der Rütner Christian Kreienbühl und Minuten später auch Maja Neuenschwander die Arme gegen den Himmel. In Siegerpose überquerten sie jeweils die Ziellinie, danach ballten sie die Faust, mehrmals, lächelten und begannen ihre Empfindungen innert kürzester Zeit fast druckreif zu formulieren. Beide hatten auf den 42,195 km durch Zürich und entlang des rechten Seeufers bis Meilen Renngeschichte geschrieben und Grossartiges geleistet.
Schweizer Meister wurden sie, dank ihrer Zeiten aber noch viel mehr: Neuenschwander unterbot als Zweite mit 2:31:55 Stunden die Limite für die Olympischen Spiele dieses Sommers in London, Kreienbühl durchbrach die 2:20-Stundengrenze, was in Zürich seit Röthlin und seit 2007 niemandem mehr geglückt war. Nach 2:19:37 Stunden lief Kreienbühl als Elfter über die Ziellinie. «Idealer hätte dieses Rennen für mich kaum verlaufen können», sagte der IT-Spezialist. «In den Tagen vor dem Rennen nannte ich als primäres Ziel das Durchbrechen der 2:20-Stundengrenze, als es dann aber derart regnete, verschob sich die Priorität doch in Richtung Rang.»

Gut mit Wieser harmoniert
Jetzt glückte ihm beides. Christian Kreienbühl hatte allen Grund, sich über seinen ersten nationalen Meistertitel zu freuen: Letztes Jahr belegte er vier Mal Rang zwei, im Marathon, über zehn Kilometer auf der Strasse und über 5000 und 10000 m auf der Bahn.
Dabei konnte Kreienbühl nicht von einem Tempomacher profitieren. Mit Patrick Wieser verfügte er aber während drei Vierteln der Distanz über einen ebenbürtigen Mitkonkurrenten. «Wir harmonierten gut miteinander», sagte Kreienbühl und verdeutlichte: «Indem wir uns regelmässig in der Führungsarbeit ablösten, waren wir weniger dem zum Teil doch heftigen Wind ausgesetzt.» Erst auf den letzten 10 km war Kreienbühl auf sich alleine gestellt. Auch diese Herausforderung bewältigte er. Und damit glückte dem 31-Jährigen bei seiner sechsten Teilnahme die sechste Steigerung: von anfänglich 2:46:28 und zuletzt 2:24:54 und 2:21:47 nochmals um einen Schritt von 2:10 Minuten hinunter.
Einen Namen hat er sich damit unter den Zürcher Fans geschaffen. «Obwohl auf meiner Startnummer der Familienname notiert war, feuerten mich Unzählige mit dem Vornamen an», sagte er. Und mit seiner jüngsten Zeit unterstrich Kreienbühl seine längerfristigen Ambitionen in Richtung EM-Marathon von 2014 in Zürich. Mehr als realistisch scheinen diese nun.

Röthlins SMS
Bereits die Fahrkarte an die Olympischen Spiele dieses Sommers gelöst hat Maja Neuenschwander. Im Gegensatz zu Kreienbühl konnte sie auf Unterstützung von zwei langjährigen Marathon-Begleitern zählen, sodass sich die 32-jährige Bernerin vor allem auf sich konzentrieren und einfach mitlaufen konnte.
Stets im Fahrplan war das Trio unterwegs. Spätestens auf der langen Zielgeraden am Mythenquai mit der laufenden Zeit im Ziel vor Augen wusste Maja Neuenschwander: «Da kann nichts mehr schief gehen. Das grosse Ziel ist erreicht.» Nach 2:31:55 Stunden kreuzte sie die Ziellinie. über 1:05 Minuten Reserve verfügte sie zum geforderten Minimalwert für Olympia. Und ihre eigene Bestmarke vom letzten Herbst in Berlin steigerte sie um nicht weniger als 1:50 Minuten. Für einen moralischen Kick sorgte eine SMS von Viktor Röthlin, erhalten in den letzten Tagen vor dem Rennen: «Beiss auf die Zähne, Maja, kämpfe auf den letzten Kilometern, wenns hart wird und überall schmerzt. Es lohnt sich.» An diese Worte dachte die Bernerin auf dem letzten Abschnitt.

Olivia Kurtz als Lichtblick
Während bei den Männern der 28-jährige Kenianer Franklin Chepkwony in 2:10:57 siegte, gewann bei den Frauen die Äthiopierin Workenesh Tola (2:31:23) vor Neuenschwander. Für die grosse Überraschung des Frauenrennens sorgte aber Olivia Kurtz. Die 26-Jährige aus Esslingen lief ihren ersten Marathon in 2:50:12 Stunden, was zum dritten Platz in der SM-Wertung hinter Neuenschwander und Jasmin Nunige reichte. «Es lief mir fantastisch», sagte sie, «und das Endergebnis liegt weit über dem Erhofften». Ihre erste Medaille auf nationaler Ebene bezeichnete sie als «das Tüpfchen auf dem i.» Und auch ihr eröffnet diese Leistung Perspektiven in Richtung der Europameisterschaften in zwei Jahren.
(Text: Zürcher Oberländer, Jörg Greb | Bild: PHOTOPRESS)